von Thomas Brose
Berliner Zeitung vom 28. November 2007 (Nr. 278), S. 27
»Der Streit um die Rückkehr der Religion geht in die nächste Runde. In den Bahnhofskiosken lässt sich das ablesen: Dort werden neben den Papst-Titeln nämlich gerade die neuen Bestseller plaziert: Richrad Dawkins »Gotteswahn« oder Christopher Hitchens »Der Herr ist kein Hirte«. Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis das Pendel in die atheistische Richtung ausschlägt.
Dass es durchaus differenzierter geht, demonstriert die Berliner Zeitschrift »POLAR. Magazin für Politik, Theorie und Alltag« (Campus). In ihrer Herbstausgabe (3/2007) »Woran wir glauben« kommen sehr gegensätzliche Stimmen zu Wort. (...)
Alles kritisch zu prüfen, um das Gute zu behalten - so lässt sich das Leitmotiv der »FUGE. Journal für Religion & Moderne« (Schöningh) zusammenfassen. Die Halbjahreszeitschrift, deren erste Nummer (1/2007) sich "Das westliche Dilemma" vornimmt, entsteht an der Katholischen Akademie in Berlin. Dass die alte Säkularisierungs-Ideologie die Wirklichkeit verfehlt, ist für Martin Knechtges und Jörg Schenuit, die philosophischen Herausgeber, evident. Allerdings warnen sie vor religiösem Triumphalismus. Denn problematisch erscheinen bereits »Auslöser für die neue Sichtbarkeit der Religion« wie der 11. September oder weltweite Religionskonflikte.
Jürgen Büscher (»Die heilige Aufklärung«) ist allerdings nicht bereit, den Preis für den militanten Atheismus als notwendiges Opfer für den Fortschritt fraglos zu zahlen. Als seine unheilige Spätfolge, so der Publizist, habe die »Überhöhung des Staates zur quasireligiösen Macht einen aggessiven Nationalismus« hervorgebracht.
»Das Ende des soziologischen Atheismus« nimmt James Sweeney ins Visier. Der englische Sozialwissenschaftler konstatiert: Viele »unserer sozialen Werte und Normen« verdanken sich der jüdisch-christlichen Tradition. Dass es darum notwendig sei, diesen Voraussetzungen »Kraft zu verleihen«, erinnert an den demokratietheoretischen Standpunkt von Ernst-Wolfgang Böckenförde.
Die deutsche Diskussion spielt denn auch in Thomas M. Schmidts »Wiederkehr der Säkularisierung« eine zentrale Rolle. Der Religionsphilosoph gelangt mit Blick auf Hans-Joachim Höhns Buch »Postsäkular« zu dem Schluss: »Gesellschaft und Religion sind in ihren Selbstbeschreibungen notwendig und konstitutiv aufeinander bezogen und zwar so, dass sie ihre Gegenüber als das Andere konstituieren.««