Der Glaube an den Menschen hat im 20. Jahrhundert empfindliche Schläge erlitten. Wer heute in alten Texten Hymnen auf den Menschen liest, als schönen, starken und zärtlichen Sieger, als selbstlos Liebenden, als Mitleidenden, der allen Menschen der Welt ein Bruder und Helfer sein möchte, den werden, je nach Neigung, entweder nostalgische Gefühle überkommen oder zynische Bitterkeiten überfallen. Mindestens werden sich ihm jedoch Zweifel auftun.
Das obsessive öffentliche Gerede von der menschlichen Würde, dem bezeichnenderweise kaum ein angemessenes Bild vom Menschen gelingen will, steht dabei meist unverbunden und abstrakt neben der Sehnsucht, den Sinn der menschlichen Existenz zu verstehen und ihr etwas Erhabenes abzugewinnen. Und so drohen zuletzt selbst die zarten Erfahrungen mit menschlicher Hinwendung vernutzt zu werden. Vielleicht lässt sich jedoch die wie verschleiert scheinende »imago dei« lüften, wenn der Blick auf die tragische und strebsame Größe des Menschen fällt: Der Mensch ist ein Sünder, aber er kann sich, auch wenn er sich ihr nicht endgültig zu entwinden vermag, aus der Verstrickung heraus zu höheren Früchten strecken.
Abbildung: Man Ray, Explosante fixe, 1934, Fotografie, Man Ray Trust, Paris / VG Bild-Kunst, Bonn 2013
Christoph Janik, Berlin
Zeichnung
Kveta Kazmukova, Sofia/Berlin
Fünf Zeichnungen
ESSAYS
Andrea De Santis, Rom
Tragik und Christentum
Bettina Klix, Berlin
>Es gibt ein Nein, ein heiliges Nein<.
Chaim Nolls Sendung
Rosy Singh, Delhi
Sufi-Gesänge von Schah Hussain (1538-1599).
Poetologische Erwägungen und einige Übersetzungen
KATHOLISCHE INTELLEKTUALITÄT
Sentire cum Ecclesia.
Weltanschauliche Spannungen und theologisch-politische Konjunkturen im Gegenwartskatholizismus
Charles Taylor, Montreal
Klerikalismus [1960]
Nachbermerkung zu K l e r i k a l i s m u s [2012]
Andreas Wollbold, München
Der Kampf um das Geistliche in der Kirche.
Zum Klerikalismus-Vorwurf von Charles Taylor
Alexander Pschera, München
Der Radikalismus des Wartezimmers.
Über die selbstverschuldete Trägheit der liberalen Kirchenkritik und die staubtrockene Wut in Charles Talylors Klerikalismus-Essay
GEDICHT & DEUTUNG
Gerard Manley Hopkins
The caged Skylark / Die Käfiglerche
Dorothea Grünzweig, Oitti-Puujaa
Gesang aus der Zelle
Angelus Silesius
(ohne Titel)
Christian Lehnert, Leipzig
Rose und Reim
GESPRÄCH
Georgij Kotschetkov | Ekaterina Poljakova
Aus der Dunkelheit zur Verklärung (II):
c o m m u n i o f i d e i
KRITIK
Ulrich Schacht, Förslöv
Zwischen Schuld-Erbe und Sühne-Simulation.
Für eine kopernikanische Wende in der deutschen und europäischen Gedenkpolitik